Die Kanzel

Kirchen sind für den Gottesdienst erbaut, in dem Gottes Wort zu hören ist und rituelle Handlungen vollzogen werden. Hierfür besonders vorgesehene
und hervorgehobene „Orte“ sind der Altar, der Taufstein und die Kanzel. In
der heutigen Folge möchte ich Ihnen die Bedeutung der Kanzel erklären. In unserer St.-Georg-Kirche ist die Kanzel über dem Altar errichtet. Diese Bauweise ist ein klares evangelisch-lutherisches Glaubensverständnis. In vorreformatorischer Zeit stand die Kanzel meist dort, wo sich der Altarbereich von dem Bereich der Gemeinde abgrenzt. Kanzel kommt vom lateinischen „cancelli“, d. h. Schranken des Altarbereiches. Für Martin Luther war das WORT – sola scriptura – ganz wichtig. Der Kanzelaltar ist also ein klares Zeichen der lutherischen Reformation. Ich erkläre den Ort der Kanzel so: „Das Wort Gottes schwebt über den beiden Sakramenten Abendmahl und Taufe“.Genauer betrachtet sind an unserem Kanzelaltar Zeichen des Spät-Barock zu erkennen. Außerdem sind zwei Pilaster (Wandpfeiler) mit ionischen Kapitellen mit eingebunden. Würde die Kanzel frei
stehen, wäre sie ein Achteck. Eine 8, die die unendliche Liebe Gottes zu den Menschen zeigt. Der gesamte Kanzelaufbau ist sparsam verziert, weil die Gemeinde 1773 wenig Geld zur Verfügunghatte. (Hierzu näheres in der nächsten Folge). Über allem wacht das „Auge Gottes“.
Von der Kanzel wird die Predigt für die Gemeinde gehalten, in der die Worte der Heiligen Schrift verlesen und erklärt werden. Wenn der Predigttext schwierig zu verstehen ist, dauert auch die Predigt etwas länger. Schließlich soll die Gemeinde nach der Predigt gestärkt durch Gottes Wort in den Alltag entlassen werden.

Blick von der Kanzel:


Martin Luther hat eine Anweisung zum Predigen gegeben:
„Der Prediger steige auf die Kanzel, öffne den Mund, höre aber auch wieder auf."


Das heißt: ein Prediger soll sorgfältig und allgemeinverständlich predigen und seine Zuhörer nicht durch große Wortfülle beschweren.“
Das Lesepult dagegen dient zur Lesung der Epistel und der Evangelien. So sollte es jedenfalls sein. Das Nebeneinander von Altar, Kanzel und Taufstein ist im Augsburger Bekenntnis von 1530 unter Artikel 7 festgelegt: „Kirche ist dort, wo das Evangelium gepredigt und die Sakramente gereicht werden“. Leider ist dieser Ort der Predigtstelle für den Prediger in Afferde nicht sonderlich erquickend, wenn nur wenige Gottesdienst-Besucher
anwesend sind. Und wenn man als Gemeinde „unten“ sitzt und der Pastor von „oben“ predigt, könnte man auch sagen: „Weshalb soll ich mir den Hals verrenken, so dass der da oben meint, ich schaue zu ihm auf“. Zweierlei Ansichten. Ich freue mich jedenfalls am Heiligabend, wenn die Kirche voll besetzt ist und die Predigt von „oben“ kommt.

Text und Fotos: Edelgard Schlagmann, Kirchenpädagogin